(CorA-News Juli 2021) – Für die Regulierung des globalen Wirtschaftens ist die kommende Legislaturperiode von beispielloser Bedeutung. Vor dem Hintergrund vielfacher Verletzungen von Menschenrechten, Sozialstandards und Umweltbelangen durch Unternehmen, mehrfachen Krisen, einer drohenden Klimakatastrophe und der COVID-19-Pandemie braucht es in Deutschland, der EU und weltweit Fortschritte in der Rechtsetzung. Die Stabilisierung der sich tiefgreifend und rasch verändernden Lebensbedingungen auf der Erde erfordert insbesondere von der Politik entschlossenes Handeln für einen zügigen Übergang zu einer sozialen, ökologischen und nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise. Notwendig ist eine ambitionierte Neuausrichtung zu einer dem Gemeinwohl verpflichteten Rechtsetzung für Unternehmensverantwortung. Denn die Corona-Pandemie hat die Folgen schwach regulierten Wirtschaftens für die Menschen entlang der Lieferketten im Globalen Süden auf dramatische Weise offenbart. Zahlreiche Studien in Zusammenhang mit der Pandemie belegen aber auch, dass Unternehmen, die ihrer Verantwortung nachkommen, zugleich selbst resilienter gegenüber Krisen sind.

Die Debatte zur Umsetzung von anerkannten Leitprinzipien im Kontext von Wirtschaft und Menschenrechten bewegt sich weltweit in Richtung der gesetzlichen Regulierung von Sorgfaltspflichten. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz reiht sich Deutschland in diesen Trend ein und ist gefordert, ihn auf EU-Ebene und bei den UN-Verhandlungen über ein Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten (UN-Treaty) noch ambitionierter fortzuführen. Doch auch über das Sorgfaltspflichtengesetz hinaus sind Maßnahmen nötig, um den Schutz von Menschenrechten, Sozialstandards und Umwelt am anderen Ende der globalen Wertschöpfungsketten durchzusetzen. Dazu gehören verbindliche Vorgaben und aussagekräftige Transparenz für die Außenwirtschaftsförderung, die öffentliche Beschaffung und die Subventionspolitik. Insbesondere muss der Zugang zu Abhilfe und Wiedergutmachung für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen verbessert werden und es müssen weitere Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen und Whistleblower*innen eingeführt werden. Zudem sind weitere Schritte nötig, um Geschlechtergerechtigkeit, existenzsichernde Einkommen und Löhne und die Transparenz von Lieferketten zu erreichen.

Mit der Agenda 2030 haben sich die Staaten der Welt 2015 auf einen Pfad für eine sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung geeinigt. Die Zeit rinnt jedoch davon und für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung müssen noch große Anstrengungen unternommen werden. Angesichts der großen Wirtschaftsmacht Deutschlands sollte die Bundesregierung daher dringend ihren Einfluss dafür nutzen, in der Handels- und Investitionspolitik der EU Menschenrechte, Klima- und Umweltschutz verbindlich und effektiv zu verankern. Darüber hinaus sind weitere Weichenstellungen erforderlich, z. B. die Besteuerung von Unternehmen fair zu gestalten, Investitionen in nachhaltige Bahnen zu lenken, unfaire Handelspraktiken zu beenden und Nachhaltigkeitspflichten für Unternehmensleitungen einzuführen.

Angesichts wachsender Ungleichheit und zunehmendem Machtgefälle im globalen Wirtschaften ist es an der Zeit, Maßnahmen für eine tiefgreifende Demokratisierung der Wirtschaft zu ergreifen. Hierfür braucht es eine wirksame Beschränkung von Konzernmacht und Unternehmenseinfluss und die Einführung eines Konzernstrafrechts. Bürokratieabbau, der noch viel zu oft als Selbstzweck gesehen wird, darf nicht auf Kosten von Menschen und Umwelt betrieben werden.

In dem Positionspapier Menschenrechte, Umweltschutz und Sozialstandards im globalen Wirtschaften stärken. Forderungen des CorA-Netzwerks für Unternehmensverantwortung an Bundestag und Bundesregierung für die Legislaturperiode 2021-2025 sowie dessen Kurzfassung finden sich viele Vorschläge, wie diese Ziele erreicht werden können.

Gemeinsam mit dem Netzwerk Agenda 2030 veranstaltete das CorA-Netzwerk eine Diskussionsrunde mit Spitzenpolitiker*innen mehrerer Parteien über zentrale Aspekte nachhaltiger Politik in der nächsten Legislaturperiode. Die Veranstaltung kann unter https://venro.org/themen/bundestagswahl-2021 bzw. https://www.youtube.com/watch?v=V6DrBSn_0H0&t=1s nachgehört werden.

Heike Drillisch (CorA-Netzwerk)