(Presse-)Mitteilung

Im Bereich der öffentlichen Beschaffung beteiligt sich der Staat direkt am wirtschaftlichen Geschehen und hat damit eine besondere Verantwortung für die Wahrung der Menschenrechte. Bei der Umsetzung der EU-Vergaberichtlinie in die deutsche Vergabeverordnung (VgV) und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 2014-2016 lehnte die Bundesregierung es aber ab, verbindliche öko-soziale Standards und eine menschenrechtliche Schutzpflicht zu verankern. Der neue Rechtsrahmen ermöglicht lediglich die freiwillige Berücksichtigung sozialer Kriterien, vorrangig der ILO-Kernarbeitsnormen. Die neue Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) liefert zwar einige zielführende Angaben zu der praktischen Umsetzung sozialer Kriterien (u. a. die Beweislast der Gütezeichen), geht ansonsten aber kaum über VgV und GWB hinaus.

Im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) hat die Bundesregierung jedoch angekündigt, einen Stufenplan zu entwickeln, wie verbindliche Mindestanforderungen im Bereich Menschenrechte im Vergaberecht festgeschrieben werden können, die von teilnehmenden Unternehmen die Einhaltung der Sorgfaltspflicht einfordern. Wie dieser Stufenplan aussehen soll, liegt allerdings noch im Dunkeln.

Das CorA-Netzwerk legt in einem Anforderungspapier dar, welche konkreten nächsten Schritte nötig sind, um menschenrechtlichen Anforderungen bei der öffentlichen Vergabe stärker nachzukommen. Dazu gehört u. a.

  • die Aufstellung des im NAP angekündigten Stufenplans zur Berücksichtigung von verbindlichen Mindestanforderungen im Vergaberecht mit eindeutigen Zielvorgaben, konkreten Handlungsschritten, Zuständigkeiten und einem genauen Zeitplan;
  • auf 2020 terminierte Zielvorgaben für die Auftragsvergabe in menschenrechtlich kritischen Produktgruppen, wie es für den Bereich der Textilien bereits erfolgt ist, wo bis 2020 50{479cc13b98f751dd1fd0fe24b0f36d84e9fe1f7ddc46dfdb35e33d8f72bfd8da} der Textilien (ausgenommen Sondertextilien) nach ökologischen und sozialen Kriterien beschafft werden sollen;
  • die kontinuierliche Erweiterung des „Qualitätscheck Nachhaltigkeitsstandards“ unter Einbezug aller relevanten Stakeholder;
  • die Sicherstellung, dass bei der Erarbeitung der zentralen Vergabestatistik für alle öffentlichen Auftragsvergaben und Beschaffungsstellen aussagekräftige Daten über die Berücksichtigung menschen- und arbeitsrechtlicher Kriterien erfasst und dokumentiert werden;
  • die Identifikation von Risiko-Produktgruppen, für die spezifische menschenrechtliche Sorgfaltsanforderungen an Bieter gestellt werden müssen.

Bei der CorA-Frühjahrstagung „Staatliche Schutzpflicht für Menschenrechte: Wie ernst nimmt sie die Bundesregierung beim öffentlichen Einkauf? am 16.4.2018 in Berlin sollen diese Punkte mit politischen Entscheidungsträger*innen diskutiert werden. Zudem soll anhand von Beispielen analysiert werden, inwieweit die Bundesregierung und ihre Behörden selbst die Spielräume der Vergaberechtsreform nutzen und bereits sozial verantwortlich beschaffen. Dazu sollen verschiedene laufende Projekte, z.B. in den Bereichen nachhaltige Textilien und IT, in den Blick genommen werden.