In der deutschen Bundesregierung liegt die Federführung für Deutschlands Rolle im UN-Treaty-Prozess weiterhin beim Auswärtigen Amt. Nachdem die Bundesregierung den Prozess lange abgelehnt hatte, unterstützt sie ihn inzwischen offiziell und bekennt sich zu einem verbindlichen globalen Abkommen für Unternehmensverantwortung. Ziel ist es, ein EU-Verhandlungsmandat zu erwirken, das eine gemeinsame Position der EU in den laufenden UN-Verhandlungen ermöglicht.
Nach der Entscheidung für das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Juli 2020 und den Fortschritten mit der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), bringt sich die Bundesregierung aktiver in den Treaty-Prozess ein. Während der G7-Präsidentschaft Deutschlands 2022 setzte sie sich erfolgreich für die Anerkennung der Notwendigkeit eines verbindlichen Abkommens durch die G7-Staaten ein. Auch bei den UN-Verhandlungsrunden brachte Deutschland konkrete Vorschläge zu Inhalten und Struktur des Abkommens ein, insbesondere zu verbindlichen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten sowie zu Regelungen für einen effektiven Rechtsschutz von Betroffenen.
Der EU-Rat stand dem Treaty-Prozess ursprünglich sehr kritisch gegenüber. Im Jahr 2014 hatten Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten gegen die Einsetzung der UN-Arbeitsgruppe gestimmt. Der EU-Rat stellte lange Zeit das Mandat des Prozesses infrage und forderte u.a. eine stärkere Einbindung von Unternehmen, eine Abdeckung aller Unternehmensformen statt nur transnationaler Konzerne sowie eine strikte Orientierung an den UN-Leitprinzipien. Diese ablehnende Haltung hat sich jedoch gewandelt. Spätestens seit 2020 erkennt die EU das Potenzial eines internationalen Abkommens an.
Das Europäische Parlament setzt sich schon seit längerem für eine aktive und konstruktive Beteiligung ein. In mehreren Resolutionen wurde ein EU-Verhandlungsmandat gefordert. Das Parlament spricht sich für eine konstruktive Beteiligung an den UN-Verhandlungen aus, zuletzt mit einer Resolution im Januar 2024.
Leider wird die EU-Position aktuell massiv geschwächt: Die CSDDD soll durch das Omnibus-1-Paket unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus entkernt werden. Diese Entwicklungen sind nicht im Sinne eines ambitionierten völkerrechtlichen Abkommens und senden ein problematisches Signal in die internationalen Verhandlungen. Zudem ist klar, dass ein EU-Verhandlungsmandat erst beschlossen werden kann, der Omnibus-Prozess abgeschlossen ist. Diese Verzögerung ist riskant, da der Treaty-Prozess bis 2027 in eine entscheidende Phase eintritt, in der zentrale Inhalte verhandelt werden und an dessen Ende ein finaler Vertragstext stehen soll. Eine Studie zur Komplementarität von EU-Regulierung und UN-Treaty unterstreichen, dass nur ein ambitioniertes europäisches Regelwerk ein internationales Abkommen sinnvoll ergänzen kann. Jede weitere Abschwächung der CSDDD steht klar im Widerspruch zu dem Ziel, ein wirkungsvolles, völkerrechtlich bindendes Abkommen zu erreichen. Daher nehmen einige europäische Partnerorganisationen bereits Abstand von der Forderung nach einem EU-Verhandlungsmandat, aus Angst, die EU könnte auch den UN-Treaty-Prozess negativ beeinflussen.


