(Presse-)Mitteilung

Menschenrechtsverletzungen stellen im globalen Wirtschaftssystem keine Ausnahme dar, sondern Unternehmensgewinne speisen sich systematisch aus menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und niedrigen Umweltstandards. Wenn Unternehmen im Ausland die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern verletzen, die lokale Bevölkerung von ihrem Land vertreiben oder Schäden für Umwelt und Gesundheit verursachen, bleibt dies jedoch häufig für sie ohne Folgen. Betroffene finden weder vor Ort noch in den Heimatländern der Unternehmen Rechtsschutz.

Um das Problem anzugehen, einigten sich die Staaten der Vereinten Nationen 2011 auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese stellen rechtlich gesehen jedoch keinen Vertrag dar, sondern Empfehlungen. Sie schreiben keinen bestimmten Mechanismus für ihre Umsetzung fest, die Pläne zu ihrer Umsetzung bleiben bis auf wenige Ausnahmen zahnlos und führen zu unterschiedlichen nationalen Standards. Es gibt keine Einrichtung, die ihre Einhaltung  überwacht und Verstöße gegen ihre Normen haben keinerlei Konsequenzen.

Gleichzeitig erstreiten sich transnationale Unternehmen immer stärkere Investitionsrechte und können bei Verletzung dieser Rechte die Staaten vor privaten Schiedsgerichten verklagen. Die Menschen sind jedoch unzureichend vor den negativen Folgen dieser Investitionen geschützt. Viele Gaststaaten transnationaler Unternehmen sind aufgrund schwacher Strukturen und der Verhandlungsübermacht der Unternehmen kaum in der Lage, den Menschenrechtsverletzungen etwas entgegenzusetzen.

Deshalb fordern zahlreiche Staaten, überwiegend Entwicklungsländer und hunderte zivilgesellschaftlicher Organisationen die Entwicklung eines internationalen Abkommens zum Umgang mit Menschenrechts- und Umweltverletzungen durch Unternehmen. Diese Forderung ist nicht neu, seit den frühen 1970er Jahren gab es innerhalb der UNO Bemühungen, ein Regelwerk für die Kontrolle transnationaler Konzerne zu entwickeln, doch scheiterten solche Bemühungen stets an den reichen Industrieländern.

Momentan haben diese Bemühungen jedoch eine neu Dynamik: Am 26. Juni 2014 haben die Mitglieder des UN-Menschenrechtsrats mehrheitlich dafür gestimmt, eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe zur Entwicklung verbindlicher Regeln für transnationale Unternehmen einzusetzen. Die Resolution ist von einer Koalition von Staaten des globalen Südens vorangetrieben worden, allen voran Ecuador und Südafrika. Die Initiative war von Anfang an hoch umkämpft, bis zum tatsächlichen Abschluss eines solchen Abkommens könnte es viele Jahre dauern, doch sie hat breite Unterstützung, auch durch eine Koalition aus über 600 zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Glaubhafter Schutz der Menschenrechte erfordert Verbindlichkeit

Mit dem UN-Abkommen („Treaty“) soll ein internationales Abkommen erarbeitet werden, das für die Vertragsparteien verbindlich ist, klare Regeln für Unternehmen schafft und den Betroffenen Klagemöglichkeiten eröffnet. Es würde auch zu gleichen Bedingungen im internationalen Wettbewerb führen.

Die europäischen Staaten, Japan, die USA und Kanada haben gegen die Einrichtung der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe gestimmt und ihre erste Sitzung boykottiert. Bei der zweiten Sitzung im Oktober 2016 nahmen die EU und ihre Mitgliedsstaaten zwar teil, bleiben in der Sache aber weiterhin skeptisch. Auch Deutschland setzt vor allem auf die Umsetzung der UN-Leitprinzipien im 2016 verabschiedeten Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte. In der nächsten Sitzung der UN-Arbeitsgruppe, die vom 23. bis 27. Oktober 2017 in Genf stattfindet, will die ecuadorianische Verhandlungsleitung einen Vorschlag für Elemente des Abkommens vorstellen. Ob es im neuen Prozess gelingt, dass sich die Staaten auf ein Abkommen einigen, wird auch vom Druck der weltweiten Zivilgesellschaft abhängen. Es ist Zeit für ein durchsetzungsfähiges Regelsystem für die weltweite Wirtschaft, das Menschen wirksam schützt!

Was sollte das Abkommen z. B. konkret regeln?

  • Das Abkommen sollte Staaten vorschreiben, die bei ihnen ansässigen Unternehmen durch klare Gesetze zur Achtung der Menschenrechte zu verpflichten, auch bei ihren Auslandsgeschäften, Tochterunternehmen und Lieferketten.
  • Das Abkommen sollte regeln, dass Betroffene im Schadensfall ihre Rechte einklagen können, auch im Herkunftsstaat eines Unternehmens.
  • Die Staaten sollten sich einigen, wie sie in grenzüberschreitenden Fällen zusammenarbeiten, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen.
  • Die Staaten sollten sich darauf festlegen, dass für sie die Pflichten aus dem UN-Menschenrechtsabkommen Vorrang vor den Pflichten in gemeinsamen Handels- und Investitionsschutzabkommen haben.
  • Mit dem Abkommen sollte ein internationaler Mechanismus geschaffen werden, der die Einhaltung des Abkommens überwacht und wo sich Betroffene bei Verstößen beschweren können.