(Presse-)Mitteilung

Mit über 220 zivilgesellschaftlichen Netzwerken, Einzelorganisationen und Gewerkschaften aus der ganzen Welt wenden wir uns mit einem gemeinsamen Statement an das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten. Ob aus Indien, Brasilien, USA, China oder Bangladesch, eines haben alle zeichnenden Organisationen gemeinsam: Sie fordern ein starkes EU-Lieferkettengesetz. Denn nur ein starkes EU-Lieferkettengesetz kann die Bedingungen für Mensch, Umwelt und Klima entlang globaler Wertschöpfungsketten wirksam verbessern!

Mit ihrem Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vom Februar 2022 hat die EU-Kommission gezeigt, dass sie grundsätzlich Ernst macht mit ihren Bestrebungen für mehr Menschenrechts- und Umweltschutz in Wertschöpfungsketten. Allerdings muss der Intention auch ein ambitionierter Gesetzesvorschlag folgen – und dieser weist in seinem derzeitigen Zustand noch erhebliche Mängel auf, die behoben werden müssen. Gemeinsam mit über 220 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften weltweit wenden wir uns daher an die EU-Organe, die im EU-Gesetzgebungsverfahren nun am Zug sind: das Europäische Parlament und den Europäischen Rat, wo auch die deutsche Bundesregierung über den Entwurf verhandelt.

Unbedingt erforderlich ist es, unternehmerische Sorgfaltspflichten auf die gesamte Wertschöpfungskette auszuweiten. Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung finden auch außerhalb „etablierter Geschäftsbeziehungen“ zwischen Unternehmen und ihren Zulieferern statt. Und doch beschränkt der derzeitige Entwurf den Anwendungsbereich der Sorgfaltspflichten auf eben diese “etablierten Geschäftsbeziehungen” – entgegen internationalen Standards.

Zudem müssen mehr Menschenrechtsverletzungen und Umweltbeeinträchtigungen erfasst werden als derzeit der Fall. Betroffene müssen effektiven Zugang zu Recht erhalten. Entscheidend ist eine faire Verteilung der Beweislast – nur so haben mögliche Klagen auf Schadensersatz Betroffener gegen Unternehmen überhaupt Aussicht auf Erfolg. Darüber hinaus sollten betroffene Arbeiter*innen und Anwohner*innen viel stärker in den Fokus der Sorgfaltspflichten gerückt werden: über eine wirkungsvolle und fortlaufende Beteiligung in allen Phasen der Sorgfaltsprüfung.

Angesichts des engen Zeitfensters, das zur Abwendung der Klimakrise verbleibt, ist das Fehlen einer ausdrücklichen klimabezogenen Sorgfaltspflicht ein weiteres großes Manko des Entwurfs. Unternehmen tragen mit ihren Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten zur Erderwärmung bei – es ist nur folgerichtig, von ihnen einen Beitrag zur Minimierung der Klimarisiken zu verlangen.

Weitere Forderungen betreffen die Aufnahme spezifischer Hinweise auf Menschenrechts- und Umweltverteidiger*innen, ein Mehr an Transparenz in der Wertschöpfungskette und einen weniger starken Fokus auf Industrieinitiativen, die sich als unzureichende Mittel zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltbeeinträchtigungen erwiesen haben.

Die kommenden Monate  werden nun zeigen, ob die EU die einmalige Chance ergreift, die Bedingungen entlang globaler Lieferketten endlich wirksam zu verbessern. Wir sind überzeugt davon: #yesEUcan! Daher unterstützen wir die Petition der Initiative Lieferkettengesetz an Bundeskanzler Scholz.

Hier sind die gemeinsame Stellungnahme in verschiedenen Sprachen und eine ausführliche Bewertung des Kommissionsvorschlags durch die Initiative Lieferkettengesetz zu finden.