Freiwilligkeit – Verbindlichkeit

Aufgrund der intensiven Interventionen von Unternehmensverbänden hatte sich der europäische Diskurs über das Thema Unternehmensverantwortung seit einigen Jahren fast vollständig auf das aus dem anglo-amerikanischen Bereich stammende Konzept der „CSR“ (Coporate Social Responsibility) verengt. Die vorherrschende Definition dafür besagt, dass es bei CSR ausschließlich um das geht, was Unternehmen über das gesetzliche Maß hinaus freiwillig zu tun bereit sind. Die Tatsache, dass – insbesondere in den geschäftlichen Aktivitäten von transnationalen Unternehmen – nach wie vor ein großer Regulierungsbedarf besteht, um Schäden für Mensch und Natur wirksam zu verhindern, wurde demgegenüber in den Hintergrund gedrängt. Zivilgesellschaftliche Organisationen stellen dem deshalb den Begriff der „CA“ (Corporate Accountability) gegenüber, der für verbindliche Regelungen des Unternehmensverhaltens steht. In dieser Bedeutung ging das Konzept Corporate Accountability auch in die Abschlusserklärung des Weltgipfels von Johannesburg (2002) ein. Allerdings schreitet die Umsetzung des Konzeptes nur langsam voran. 2011 erweiterte die EU-Kommission den Begriff CSR in ihrer diesbezüglichen Mitteilung dahingehend, dass CSR die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft meint. Im Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung wird die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten als Erwartung an alle Unternehmen geäußert. Und nachdem der Europarat sich bereits in einer Empfehlung für die Regulierung von Unternehmen ausgesprochen hat, wird auf UN-Ebene zur Zeit ein internationales Abkommen zur Unternehmensregulierung diskutiert. Eine wirklich verbindliche Regelung von Unternehmensverantwortung steht jedoch weiterhin aus. CorA und sein europäischer Dachverband ECCJ arbeiten daran, das Bewusstsein für die Notwendigkeit verbindlicher Regeln für Unternehmenshandeln weiter zu entwickeln.

Meldungen

21. September 2017: Positionspapier Multistakeholderinitiativen: Grenzen und Voraussetzungen aus Sicht der Zivilgesellschaft Zur Stärkung der Verantwortung deutscher Unternehmen für Umwelt und Menschenrechte setzt die Bundesregierung seit vielen Jahren auf sogenannte Multistakeholderinitiativen (MSI). Sowohl der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte als auch die Agenda 2030 sehen weitere MSI vor. MSI sind jedoch für alle Beteiligten extrem zeit- und ressourcenintensiv und die Ergebnisse bleiben oft hinter den Vorgaben internationaler Standards zurück. So gilt es sehr genau abzuwägen, unter welchen Voraussetzungen MSI überhaupt sinnvoll sein können. In dem Positionspapier legen das CorA-Netzwerk, das Forum Menschenrechte, das Forum Umwelt und Entwicklung, VENRO sowie der Verbraucherzentrale Bundesverband dar, welche Rahmenbedingungen und Kriterien an Verbindlichkeit, Transparenz und Überprüfung für eine MSI mindestens erfüllt sein müssen, um einen sinnvollen Beitrag zur Stärkung der Unternehmensverantwortung leisten zu können.

10. November 2016: Bei der Konferenz „Rechte für Menschen – Regeln für Unternehmen: Wo steht Deutschland beim Menschenrechtsschutz in der globalen Wirtschaft?“ wollen wir gemeinsam mit UN-Expert/innen, Politiker/innen, Wissenschaftler/innen, nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften diskutieren, was fünf Jahre nach Annahme der UN-Leitprinzipien passiert ist, was vom Nationalen Aktionsplan und der bevorstehenden G20-Präsidentschaft Deutschlands zu erwarten ist und wie sich die Parteien in Hinblick auf die Bundestagswahl 2017 positionieren. Anschließend laden wir zum Empfang anlässlich des 10jährigen Bestehens des CorA-Netzwerks ein.

15. Oktober 2015: Das Positionspapier „Siegel, Standard-Systeme und gesetzliche Regelungen zur Durchsetzung von Arbeits- und Menschenrechten“ des CorA-Netzwerks beschreibt Anforderungen an diese Instrumente. Es macht darüber hinaus deutlich, dass langfristig nur gesetzliche Regelungen die Wahrung der Menschenrechte in der Lieferkette gewährleisten können.

21. Mai 2015: Joint Statement on G7 Topic “Trade and Supply Chain Standards” by the CorA Network and the Forum Human Rights.

20. April 2015: G7-Präsidentschaft nutzen – Lieferkettenverantwortung verbindlich regeln! In einer gemeinsamen Stellungnahme begrüßen das CorA-Netzwerk und das Forum Menschenrechte , dass die Bundesregierung das Thema verantwortungsvolle Lieferketten auf die Agenda der G 7-Präsidentschaft gesetzt hat. Die Netzwerke fordern die Bundesregierung jedoch auf, es nicht bei freiwilligen Maßnahmen zu belassen. Hier finden Sie die dazugehörige Pressemitteilung des CorA-Netzwerks.

7. Mai 2014: Die EU setzt in zunehmenden Maße die Rahmenbedingungen für Unternehmensverantwortung. Anlässlich der Wahlen zum Europaparlament hat die European Coalition for Corporate Justice (ECCJ), in der CorA Mitglied ist, die wichtigsten Forderungen an die EU in einem 10-Punkte-Plan zusammengestellt.

9. April 2014: Lieferketten unter Kontrolle? Nachweise von Sozialstandards. Das CorA-Netzwerk, CIR, WEED, die Verbraucherzentrale Bundesverband sowie die Arbeitsgemeinschaft der Eine-Welt-Landesnetzwerke laden ein zur Tagung am 9.4.2014 in Berlin. Hier finden Sie das Programm und die Tagungsbeiträge.

15. Februar 2014: In ihrem Koalitionsvertrag kündigt die Bundesregierung an, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umzusetzen. Das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung und das Forum Menschenrechte zeigen auf, welchen Anforderungen der Umsetzungsprozess aus zivilgesellschaftlicher Sicht genügen sollte (pdf, 320 KB).

26. September 2013: Stell dir vor, 1.000 Menschen sterben und niemand ist verantwortlich. Machen Sie mit bei der Online- und Postkartenaktion unserer Mitgliedsorganisation Christliche Initiative Romero und fordern Sie von der künftigen Bundesregierung: Schluss mit Freiwilligkeit – Regeln für Unternehmen! Das CorA-Forderungspapier an Bundestag und Bundesregierung finden Sie hier.

20. August 2013: Im Vorfeld der Bundestagswahlen wenden sich das CorA-Netzwerk sowie einige unserer Mitglieds- und Partnerorganisationen mit Forderungen nach einer stärkeren Regulierung der Unternehmensverantwortung an die zur Wahl stehenden Parteien und KandidatInnen. Zudem hat das CorA-Netzwerk gemeinsam mit dem Forum Menschenrechte Wahlprüfsteine zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte an die derzeit im Bundestag vertretenen Parteien gesandt. Die bisher eingegangenenAntworten sowie Analysen der Wahlprogramme in Hinblick auf Aussagen zur Unternehmensverantwortung finden sich hier.

23. April 2013: Das CorA-Netzwerk setzt sich für verbindliche Regeln zur menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Unternehmensverantwortung ein. Unsere Forderungen an die Bundesregierung finden Sie hier (pdf, 337 KB).

20. September 2012: Tagungsdokumentation: Bei der Fachtagung Verantwortung einfordern! Die Rolle von Politik und öffentlicher Hand für mehr Unternehmensverantwortung in Berlin diskutierten wir gemeinsam mit ExpertInnen für Unternehmensverantwortung und das öffentliche Beschaffungswesen sowie mit VertreterInnen der Politik über den aktuellen Stand dieser Prozesse sowie über notwendige weitere Schritte, die geeignet sind, die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen zu gewährleisten und den Beitrag von Unternehmen zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise zu erhöhen. Die Dokumentation (pdf, 784 KB) fasst die Diskussionen und Ergebnisse der Konferenz zusammen.

20. September 2012: Fachtagung: Verantwortung einfordern! Die Rolle von Politik und öffentlicher Hand für mehr Unternehmensverantwortung: Mit der Verabschiedung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und der CSR-Kommunikation der EU-Kommission vom Oktober 2011, die nach zehn Jahren die definitorische Bindung von „CSR“ an das Prinzip der Freiwilligkeit aufgegeben hat und einen Richtlinienentwurf für verbindliche Offenlegungspflichten für Unternehmen ankündigt, ist neue Bewegung in die Debatte um Unternehmensverantwortung geraten. Bei der Fachtagung am 20.9.2012 in Berlin wollen wir mit ExpertInnen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft diskutieren, welche Bedeutung diese Entwicklungen für die öffentliche Beschaffung, sozial-ökologische Berichtspflichten sowie die Entwicklung des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien in Deutschland haben. Die Einladung und das Programm finden Sie hier (pdf, 160 KB).

01.04.11: Fachtagung “Unternehmensverantwortung – Pflicht oder Kür?” in Kooperation mit der Evangelischen Akademie zu Berlin. Eine Grundsatzdebatte um das Verhältnis von Corporate Accountability und Corporate Social Responsibility. Das Tagungsprogramm finden Sie hier.

Veröffentlichungen

Im Herbst 2011 wurde in Kooperation mit der Kampagne für saubere Kleidung der Sammelband „Mythos CSR“ veröffentlicht.
Der Sammelband widmet sich in 33 Beiträgen der Frage von Unternehmensverantwortung zwischen Freiwilligkeit und Regulierung in globalen Lieferketten. Die Publikation orientiert sich an den UN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte, die auf dem Rahmenwerk (Protect, Respect and Remedy) von John Ruggie, dem ehemaligen UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte und Unternehmen, beruhen.
Zahlreiche Aufsätze beschreiben konkrete CSR Maßnahmen und fragen nach deren Wirkung auf die Arbeitsbedingungen. Ebenso behandelt wird das Thema Transparenz und Berichtspflichten. Es werden Forderungen an die Bundesregierung aufgestellt, damit Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und Menschenrechte umfangreicher berücksichtigt werden.
Das Buch wird derzeit überarbeitet. Eine Zusammenfassung der ersten Ausgabe finden Sie hier (pdf, 218 KB).

Dokumentationen

15.07.09: CorA kritisiert den Zwischenbericht zur nationalen CSR-Strategie der Bundesregierung. Die Pressemeldung finden Sie hier

08.01.09: CorA verzichtet dankend auf eine Mitwirkung im CSR-Forum der Bundesregierung. Die Begründung dazu finden Sie hier

04.07.07: Global Compact unzureichend. CorA fordert verbindliche Regeln zur Unternehmensverantwortung. Aus Anlass des zweiten “Global Compact Leaders Summit” der Vereinten Nationen in Genf hat CorA global gültige soziale, ökologische und menschenrechtliche Regeln für multinationale Konzerne verlangt. Hier die Pressemeldung dazu

Links und externe Informationen

Sommer / Herbst 2016: Petition „Menschenrechte vor Profit“

März 2016: Menschenrechte sind kein Wunschkonzert

März 2016: Unternehmen vor Gericht

März 2016: Fragen und Antworten zum menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten-Gesetz

März 2016: Verankerung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten von Unternehmen im deutschen Recht

10.07.07: Bewertung der Antwort der Bundesregierung zur Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE von MdB Ulla Lötzer

13.03.07: EU-Parliament calls on the EU-Commission to strengthen CSR-policy. ECCJ-Pressemeldung (engl.)

27.06.07: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu Unternehmensverantwortung

01.11.06: Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zur Unternehmensverantwortung .