UN-Leitprinzipien: Die Schutzpflicht des Staates

Die Schutzpflicht des Staates

Staaten sind völkerrechtlich verpflichtet, Menschenrechte zu schützen. Das heißt, sie müssen verhindern, dass diese durch Dritte verletzt werden bzw. sie müssen sicherstellen, dass Dritte, wie zum Beispiel Wirtschaftsunternehmen, Menschenrechte nicht verletzen.

Hierzu müssen sie alle nötigen Schritte ergreifen:

  • durch Politik, Gesetzgebung und Regulierung sicherstellen, dass Unternehmen  Menschenrechte achten und darüber berichten, wie sie ihren menschenrechtlichen Auswirkungen begegnen;
  • sicherstellen, dass Verletzungen untersucht, geahndet und wiedergutgemacht werden;
  • dort besondere menschenrechtliche Sorgfalt walten lassen, wo sie selbst am wirtschaftlichen Geschehen beteiligt sind:
    • bei Unternehmen in staatlichem Eigentum oder unter staatlicher Kontrolle;
    • wenn Unternehmen staatliche Unterstützung in Form von Krediten, Exportkredit- oder Investitionsgarantien oder Dienstleistungen erhalten;
    • wenn Unternehmen im Auftrag des Staates Dienstleistungen erbringen, die sich auf die Wahrnehmung der Menschenrechte auswirken können, z. B. bei der Wasserversorgung oder im Gesundheitsbereich;
    • bei der öffentlichen Beschaffung;
    • bei der Aushandlung von Handels- und Investitionsabkommen;
    • in multilateralen Institutionen, die mit geschäftsbezogenen Fragen befasst sind.

Diese Pflicht gilt insbesondere gegenüber den Menschen auf dem eigenen Staatsgebiet, zunehmend setzt sich aber die Auffassung durch, dass im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte auch extraterritoriale Staatenpflichten gelten.

Letzte Beiträge

Zum Weltwirtschaftsgipfel: Start der gemeinsamen Kampagne „Menschenrechte schützen – Konzernklagen stoppen!“

Über 150 Nichtregierungsorganisationen fordern Rückzug ausInvestitionsschutzabkommen sowie rechtliche Haftung bei Menschenrechtsverstößen durch Konzerne

(Berlin, 22.1.2019) – Anlässlich des Auftakts des Weltwirtschaftsforums in Davos starten heute über 150 Nichtregierungsorganisationen aus 23 EU-Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Kampagne gegen Konzernklagerechte (Investor State Dispute Settlement, ISDS) und für Unternehmensverantwortung.

Zur Petition: https://www.gerechter-welthandel.org/menschenrechte-schuetzen-konzernklagen-stoppen/

Das Bündnis fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, sich aus Handels- und Investitionsabkommen zurückzuziehen, die Konzernklagerechte enthalten. Auch müssen rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, um Konzerne für Menschenrechtsverstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Aus Deutschland wird die Kampagne von 13 Einzelorganisationen sowie vom Netzwerk Gerechter Welthandel und dem CorA-Netzwerk mit ihren jeweiligen Mitgliedsorganisationen unterstützt.

Die Kampagne beginnt heute mit einer Online-Petition sowie mit einer Foto-Aktion vor dem Deutschen Bundestag: Eine drei Meter hohe Waage wird symbolisieren, dass sich das Weltwirtschaftssystem im Ungleichgewicht befindet, und dass die Rechte von Konzernen schwerer wiegen als die Rechte für Menschen und Umwelt. Weitere Aktionen sind für die kommenden Monate geplant.

Lia Polotzek, Referentin für Wirtschaft, Finanzen und Handel beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Deutsche Konzerne sind weltweit mitverantwortlich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. Viele Betroffene vor Ort sind dem vollkommen schutzlos ausgeliefert. Gleichzeitig können deutsche Unternehmen ganze Staaten vor internationalen Schiedsgerichten auf Schadensersatz verklagen, wenn sie ihre Profite durch Umweltauflagen gefährdet sehen. Das ist ein Missstand, der unbedingt beendet werden muss.“

Hanni Gramann, Mitglied im Attac-Rat: „Dass Menschenrechte weniger Gewicht haben als Rechte von Konzernen, hat kürzlich die Entscheidung des Landgerichts Dortmund zum KiK-Fall gezeigt, als es die Klage von Betroffenen eines Fabrikbrandes in Pakistan abgewiesen hat. Gerechter Welthandel geht anders. Menschenrechte müssen durchsetzbar werden und Vorrang vor Konzerninteressen haben. Deutschland und die EU müssen endlich ihren Widerstand gegen die Erarbeitung eines UN-Abkommens zur Haftung von Unternehmen (Binding Treaty) aufgeben.”

Alessa Hartmann, Handelsreferentin bei PowerShift: „Ihre Sonderrechte nutzen immer mehr Konzerne. Mittlerweile wissen wir von über 900 Konzernklagefällen, alleine 2017 kamen 72 neue dazu. Geklagt wird in allen Bereichen, die öffentliches Interesse berühren: Umweltschutz wie Wasserschutz und Luftverschmutzung, Gesundheitsvorsorge, Artenschutz und Arbeitsrechte. So fordert der schwedische Energiekonzern Vattenfall insgesamt 5,7 Milliarden Euro vom deutschen Staat als Kompensation des Atomausstiegs. Auch wenn wir noch nicht wissen, wie die Klage ausgehen wird, wirkt das de facto abschreckend auf Regierungen, die stärkere Gesetze zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte – die wir dringend brauchen – beschließen wollen.“

Nicola Quarz, Juristin bei Mehr Demokratie: „Investoren bekommen durch Parallelgerichte ausschließlich Rechte, aber keinerlei Pflichten. Wir brauchen keine Paralleljustiz, um Großkonzerne abzusichern. Sonderklagerechte für Konzerne gefährden die Demokratie: Drohen Schadensersatzforderungen, nehmen Gesetzgeber oft Abstand von strengeren Regelungen. So wird das Gemeinwohl Konzerninteressen geopfert. Wer eine starke Demokratie will, sollte nicht in Parallelgerichte investieren, sondern in die Rechtsstaatlichkeit.“

Zur Petition:
https://www.gerechter-welthandel.org/menschenrechte-schuetzen-konzernklagen-stoppen/

Mehr Informationen unter
https://gerechter-welthandel.org/, /

Pressekontakte:
Hanni Gramann (Attac-Rat), hanni.gramann@attac.de, Tel. 0176 3060 8762
Lia Polotzek (Referentin für Wirtschaft, Finanzen und Handel, BUND), Tel. 030 275 86 – 520
Alessa Hartmann (Referentin für Internationale Handelspolitik, PowerShift), alessa.hartmann@power-shift.de, Tel. 0177 3013 153
Nicola Quarz (Mehr Demokratie e.V.), nicola.quarz@mehr-demokratie.de, Tel. 01577 2389352

Für Rückfragen:
Anne Bundschuh (Koordinatorin des Netzwerkes Gerechter Welthandel), bundschuh@forumue.de, Tel. 030 678 1775-915

Zum Weiterlesen:

Das Netzwerk Gerechter Welthandel ist im April 2017 aus dem Zusammenschluss des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „TTIP unfairHandelbar“ mit dem Trägerkreis der bundesweiten Großdemonstrationen „CETA & TTIP STOPPEN! Für einen gerechten Welthandel!“ entstanden. Zu den ca. 60 Mitgliedsorganisationen gehören unter anderem Attac, der BUND, Campact, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Kulturrat, Greenpeace, Mehr Demokratie und die Naturfreunde Deutschlands. Wir treten für eine Handels- und Investitionspolitik ein, die auf hohen ökologischen und sozialen Standards beruht und nachhaltige Entwicklung in allen Ländern fördert. Weitere Informationen unter www.gerechter-welthandel.org.

Im CorA-Netzwerk arbeiten Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, kirchliche und entwicklungspolitische Organisationen, Verbraucher- und Umweltverbände sowie weitere Organisationen mit sozial- und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen zusammen. Gemeinsam engagieren wir uns auf verschiedenen Feldern für eine am Gemeinwohl orientierte Unternehmensverantwortung und nutzen dabei eine Vielfalt an Instrumenten und Ansätzen. Es haben sich über 50 Organisationen im CorA-Netzwerk zusammengeschlossen. Weitere Informationen unter www.cora-netz.de.

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