Der Prozess für ein UN-Abkommen über Wirtschaft und Menschenrechte
Menschenrechtsverletzungen stellen im globalen Wirtschaftssystem keine Ausnahme dar, sondern Unternehmensgewinne speisen sich systematisch aus menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und niedrigen Umweltstandards. Wenn Unternehmen im Ausland die Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern verletzen, die lokale Bevölkerung von ihrem Land vertreiben oder Schäden für Umwelt und Gesundheit verursachen, bleibt dies jedoch häufig für sie ohne Folgen. Während transnationale Unternehmen über Handels- und Investitionsschutzabkommen sich immer stärkere Rechte und Klagemöglichkeiten vor privaten Schiedsgerichten erstreiten, finden Betroffene häufig weder vor Ort noch in den Heimatländern der Unternehmen Rechtsschutz.
Deshalb fordern zahlreiche Staaten, überwiegend Entwicklungsländer, und hunderte zivilgesellschaftlicher Organisationen die Entwicklung eines internationalen Abkommens zum Umgang mit Menschenrechts- und Umweltverletzungen durch Unternehmen. Momentan haben diese Bemühungen eine neu Dynamik: Im Juni 2014 beschloss der UN-Menschenrechtsrat die Einrichtung einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe zur Entwicklung verbindlicher Regeln für transnationale Unternehmen. Sie soll ein internationales Abkommen („UN-Treaty“) erarbeiten, das für die Vertragsparteien verbindlich ist, klare Regeln für Unternehmen schafft und den Betroffenen Klagemöglichkeiten eröffnet. Es würde auch zu gleichen Bedingungen im internationalen Wettbewerb führen.
In der nächsten Sitzung der UN-Arbeitsgruppe, die vom 23. bis 27. Oktober 2017 in Genf stattfindet, will die ecuadorianische Verhandlungsleitung einen Vorschlag für Elemente des Abkommens vorstellen. Ob es im neuen Prozess gelingt, dass sich die Staaten auf ein Abkommen einigen, wird auch vom Druck der weltweiten Zivilgesellschaft abhängen. Es ist Zeit für ein durchsetzungsfähiges Regelsystem für die weltweite Wirtschaft, das Menschen wirksam schützt!
Was sollte das Abkommen z. B. konkret regeln?
- Das Abkommen sollte Staaten vorschreiben, die bei ihnen ansässigen Unternehmen durch klare Gesetze zur Achtung der Menschenrechte zu verpflichten, auch bei ihren Auslandsgeschäften, Tochterunternehmen und Lieferketten.
- Das Abkommen sollte regeln, dass Betroffene im Schadensfall ihre Rechte einklagen können, auch im Herkunftsstaat eines Unternehmens.
- Die Staaten sollten sich einigen, wie sie in grenzüberschreitenden Fällen zusammenarbeiten, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen.
- Die Staaten sollten sich darauf festlegen, dass für sie die Pflichten aus dem UN-Menschenrechtsabkommen Vorrang vor den Pflichten in gemeinsamen Handels- und Investitionsschutzabkommen haben.
- Mit dem Abkommen sollte ein internationaler Mechanismus geschaffen werden, der die Einhaltung des Abkommens überwacht und wo sich Betroffene bei Verstößen beschweren können.
In Deutschland unterstützt die Treaty Alliance Deutschland die Forderung nach einem UN-Abkommen für transnationale Konzerne und andere Unternehmen.
Aktuelles:
- Dez. 2017: Für eine menschenrechtliche Regulierung der globalen Wirtschaft. Aktualisiertes Positionspapier der Treaty Alliance Deutschland zum UN-Treaty-Prozess zu transnationalen Konzernen und anderen Unternehmen.
- Dez. 2017: Toward global Regulation on Human Rights and Business. Position paper of the Treaty Alliance Germany on the UN treaty process on transnational corporations and other business enterprises
- 12. Oktober 2017: Bündniszeitung UN-Treaty: Menschenrechte vor Profit
- 10. Oktober 2017: Pressemitteilung Geplantes UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten: Vertragsentwurf ist gute Verhandlungsgrundlage
- 20.01.17: Treaty Video: Profit vor Menschenrechten oder Menschenrechte vor Profit? Warum ist ein verbindliches Instrument zur Regulierung von transnationalen Konzernen notwendig?
- 27.09.16: Pressemitteilung: Bundesregierung sollte Verhandlungen nicht länger boykottieren
- 27.09.16: Veranstaltung: Der Treaty-Prozess bei den Vereinten Nationen
- 27.09.16: Übergabe Petition „Stop Corporate Abuse“
Weitere Informationen:
- Treaty Alliance Deutschland: Flyer Auf zu einem UN-Treaty! März 2017
- Karolin Seitz: Morality cannot be legislated, but behaviour can be regulated. Bericht über die zweite Tagung der UN-Arbeitsgruppe zur Erstellung eines verbindlichen Rechtsinstruments zu Wirtschaft und Menschenrechten, 24.-28. Oktober 2016, Genf. Herausgegeber: Brot für die Welt, Global Policy Forum, MISEREOR
- Jens Martens und Karolin Seitz: Auf dem Weg zu globalen Unternehmensregeln. Der „Treaty-Prozess“ bei den Vereinten Nationen über ein internationales Menschenrechtsabkommen zu Transnationalen Konzernen und anderen Unternehmen. Herausgeber: Global Policy Forum und Rosa-Luxemburg-Stiftung – New York Office. Mai 2016 (Download der englischen Fassung)
- Flyer der Treaty Allliance „UN-Menschenrechtsabkommen statt TTIP“ Oktober 2015
- Sarah Lincoln: UN-Menschenrechtsrat stimmt für Unternehmensverantwortung,Brot für die Welt-Blog, 30. Juni 2014
- Wortlaut der Resolution für ein verbindliches Abkommen
- Website der Treaty Alliance, des globalen Bündnisses für ein verbindliches Abkommen
- Auf Twitter nutzen die Unterstützer des verbindlichen Abkommens die Hashtags #bindingtreaty und #StopCorporateAbuse